Sar Joséphin Péladan:

Der Androgyn

Roman / 228 Seiten / Pb / € 19,80 /

Buch: 978-3-937592-46-6

E-Book: 978-3-937592-47-3




Das Rückcover:


Titelseite
Titelseite

Inhalt
Inhalt

Seite 9 – Meinem Vater
Seite 9 – Meinem Vater

Seite 34 - OElohil Ghiubor
Seite 34 - OElohil Ghiubor

Seite 102 – Von der bekannten Kunst
Seite 102 – Von der bekannten Kunst

Seite 125 – Die Tempelritter
Seite 125 – Die Tempelritter

Seite 183 – Antares Soldat!
Seite 183 – Antares Soldat!

Herausgegeben von Dr. Wolfram Frietsch

 

Seine eigene Jugend lässt Péladan hier aufleuchten. Samas, ein engelhafter Knabe, hat das Glück, in einer Familie aufgewachsen zu sein, die volles Verständnis für seine Eigenart entgegenbrachte und ein Fundament an dichterischer und künstlerischer Tradition mit auf den Weg gab. Auch im Gymnasium erkennt man bald die erstaunliche Begabung und den Scharfsinn des Epheben und lässt ihn gewähren, ganz im Sinne des humanistischen Erziehungsauftrags.

 

Außergewöhnlich bewusst erlebt Samas hier den androgynen Zustand seiner Jungfräulichkeit. Die belebende Wirkung dieser Anziehungskraft auf seine Mitschüler genießt er und beschließt, aus seiner Enthaltsamkeit möglichst lange Kraft zu schöpfen. Dafür verlässt er sogar das Internat zugunsten eines privaten Zimmers in Schulnähe. Avignons Kultur und die Schule bieten vorerst ein Leben, ausgefüllt mit Aktivität und tiefem Studium. Vorerst, denn dann gibt es da noch Stella …

 

Sie erscheint am Fenster des Nachbarhauses und wird zum ebenbürtigen weiblichen Gegenüber. Ihr gelingt es, Samas für ein zartes, rein ästhetisches, aber sich vorsichtig steigerndes Stelldichein von Fenster zu Fenster zu erwärmen. Dabei lauern unvermeidliche Wandlungsprozesse, die nach und nach tiefer ins Leben verwickeln.

 

Der nahe Krieg wirft seine Schatten voraus und Samas sieht sich gezwungen, mit seinem Bruder auf eine kleine Insel vor der Bretagne zu flüchten. Für den gebildeten Jüngling war es in der Geisteskultur Avignons ein Leichtes gewesen, die Androgynität seiner Jugendjahre aufrecht zu halten. Inmitten der vollen Natur der Insel und des Inselmeeres erweist sich das bald als wesentlich schwieriger. So gingen auch die Eremiten nicht freiwillig in die Wüste, um die Versuchungen zu fliehen, sondern um sie herauszufordern, sie zu besiegen und dadurch Verdienste zu erwerben …

 

Péladan spricht sich gegen den Materialismus und Atheismus seiner Zeit aus und glaubt tief an ein Menschsein, das veredelt werden kann. Das gelingt ihm mit geistreicher Sprache, die voller Gleichnisse und voll Lebensweisheit erzählt.

 

„Deine Nachfolge, o mein Vater, im Sinne meiner eigenen Berufung, wird mein Streben sein; erwirke mir vom Ewigen die salomonische Gabe, die Gabe des Scharfsinns, damit ich wenigstens dein würdiger Sohn in der Domäne des Geistes bin.“

„ … ich bin – und du hast es gebilligt – der apostolische Gesandte am Hofe der Magie, auf dass am nahen Tage der Enthüllung die Kirche durch meine Stimme im Besitz jener heiligen Gefäße bleibt, die sie vergessen und verloren hat.“

„Meine Pflicht als Freund der Kirche im Lichte meiner eigenen Neigung wählend, habe ich eine geistige Alchemie geschaffen, eine Kunst, aus jeder Seele das Teilchen Gold zu lösen, das sie enthält.“

(Peladan an seinen Vater, in: Der Androgyn, Seite 11)

 

„Es ist ein furchtbares Abenteuer, wenn bei einem Jüngling der jungfräuliche Begriff über die Jungfräulichkeit dauern wird; besonders wenn der Jüngling durch seine Bemühungen sich selbst darin versenkt. In einem Leben voller Bewegung oder tiefen Studiums würde der Ephebe siegen; hier sind alle Elemente gegen ihn: die ganze Natur fügt ihren Druck zu den Leiden seiner Einbildungskraft. Die Anachoreten, scheint es, sind nicht in die Wüsten gegangen, um die Versuchungen zu fliehen, sondern um sie herauszufordern, sie zu besiegen und dadurch Verdienste zu erwerben; denn für den gebildeten Menschen wird die Enthaltsamkeit, die inmitten der hohen Geisteskultur so leicht ist, in voller Natur schwierig.“

(Der Androgyn, Seite 213)

 

 

„Was Sie in Samas beweinen, wird tot sein, sobald er sündigen wird. Sie haben am Anfang von Platon gesprochen. Der Androgyn existiert nur im jungfräulichen Zustand: bei der ersten Betätigung des Geschlechts löst er sich ins Männliche oder ins Weibliche auf. Diese Morgenröte der Schönheit und der Seele ist nur das irdische Zeichen des engelhaften Glanzes: das hilft uns, die geistige Welt zu begreifen. Wir Denker und Beschauer betrachten dieses übernatürliche Schauspiel mit großem Respekt, weil es nur bei seltenen Menschen erstrahlt.“

(Der Androgyn, Seite 42)

 

Samas an den Rektor des Jesuitengymnasiums, Pater Beuvron: „Deshalb hat auch sein wunderbarer Orden (Ignatius von Loyola, Jesuitenorden) abgenommen, als in der anarchistischen Gesellschaft die Persönlichkeit das Heil wurde. Die Massenkraft erhalten Sie, indem Sie die einzelnen Personen opfern: man müsste heute, geschützt durch diese unvergleichliche Vergangenheit der Disziplin, die Wesenheit nähren. Ihnen fehlt Geist, mein Vater: Sie haben nie Meisterwerke hervorgebracht. Warum wenden Sie nicht auf sich selbst die Regeln an, welche Sie so glänzend in der Erziehung anwenden. Begünstigen Sie die Ausnahme unter den Vätern wie unter den Schülern: und Sie retten den Orden wie das Abendland.“

(Der Androgyn, Seite 55)

 

Der Autor:

Joséphin Péladan (1858–1918), oder wie er sich selbst nannte: Sâr Péladan, gehört mit seinen Romanen auf eine Stufe mit Joris-Karl Huysmans oder Gustav Meyrink. Dem Grenzüberschreiter geht es um die „Innenräume der Seele“ (Hermann Bahr), die er dichterisch erkundet und womit er zu einem Zeitzeugen besonderer Güte wird. Sein Gesamtwerk beinhaltet etwa 65 Publikationen, wobei neben den Romanen und Dramen auch zahlreiche philosophische Werke, solche der Kunstgeschichte und wissenschaftliche Schriften Bedeutung erlangten. Péladans Romane gedeihen in der Atmosphäre eines Symbolismus, in der Theosophie, Magie, Okkultismus und geheime Rituale eine zentrale Rolle spielen. Sie stellen psychologische Kleinodien dar, die geprägt sind vom Glauben an ein Menschsein, das veredelt werden kann. Alle seine Romane treten aus der Sphäre der Konfrontation aus und sind dennoch rational und analytisch. Schuld und Unschuld gepaart mit Freiheit und Notwendigkeit werden dabei nicht zum Verhängnis, sondern zu einem Moment von Befreiung.

 

Der Inhalt:

Meinem Vater und meinem Meister
Vorspiel - Hymne an den Androgyn
Erstes Buch - Der Jüngling
I Das Bild nach dem Text
II Liebeserklärung
III OElohil Ghuibor
IV Besondere Freundschaften
V Ansteckung des Gymnasiums
VI Der Zauber des Androgyns
VII Gottesfriede
VIII Die gotische Kapelle
IX Allgemeine Beichte
X Die beiden Begriffe
XI Die beiden Gefühle
XII Das Heft der Entschlüsse
XIII Befürchtung
XIV Über die Beichte
XV Die Sünden eines Androgyns
XVI Das heilige Abendmahl
Zweites Buch - Die Schule von Avignon
I Rückkehr zur Wirklichkeit
II Von der bekannten Kunst
III Die Herrlichkeit des Körpers
IV Das Stelldichein in der Kapelle
V Androgynismen
VI Bruder Platon
VII Eine Theateraufführung
VIII Die Tempelritter
IX Ein Duell in der Schule
X Hochamt
XI Die Architektur der Jesuiten
Drittes Buch - Die Jungfrau
I Das Externat
II Stella
III Femina super bestiam
IV Die Schultern des jungen Mädchens
V Das Rätsel der Sphinx
VI "Vaterland" ist nur ein Vorwand
VII Ein unvergesslicher Rat
VIII Die Plastik der Brüste
IX Die Augen des Samas
X Die Sünde Agurs
XI Ihre Füße sind schön
XII Venus Anadyomene
XIII Erotische Askese
XIV An Stella
XV An Samas
XVI "Antares Soldat!"
Viertes Buch - Das Meer der Bretagne
I Das Inselmeer von Brehat
II Nachträgliche Liebe
III Die Unheilsarmee
IV Die Kupplerin
V Yvette
VI Vom freien Willen
VII Anrufung
VIII Der Liebeswille
IX Geschlechtlichkeit
X Die Behexung
XI Der Tod des Androgyns
Nachspiel Marsch der Leidenschaft